„Money. Upgraded.“
Die Podcasts basieren auf den Texten von Eske Bockelmann, einem aussergewöhnlichen Denker, der zeigt, wie Geld unser Denken und unsere Gesellschaft verändert hat. In seinem Buch Im Takt des Geldes (2004) erklärt er, dass mit der Einführung von Geld im 16. Jahrhundert eine neue, abstrakte Denkweise entstand – mit Folgen für Kultur, Musik und Philosophie. Seine beiden Werke Das Geld (2020) und Money – Understanding Modern Society (2025) bieten einen einzigartigen Zugang zum Thema Geld. Die Podcasts machen diese komplexen Gedanken verständlich und laden junge Menschen ein, Geld und Gesellschaft aus einer neuen Perspektive zu sehen und zu hinterfragen.
„Money. Upgraded.“
Kapitalismus: Naturgesetz oder Erfindung?
Die Wirtschaftsordnung, die heute unseren Alltag durchdringt, erscheint vielen als naturgegeben – doch tatsächlich entstand unser kapitalistisches System erst vor etwa 400 Jahren mit dem Merkantilismus. Diese faszinierende Episode enthüllt, wie um 1620 eine revolutionäre Veränderung im menschlichen Denken stattfand: Menschen begannen plötzlich, ihre Umwelt durch die Brille abstrakter Geldwerte zu betrachten.
Wir tauchen ein in eine Zeit, als ein Pferd noch nicht "100 Goldstücke wert" war, sondern einfach ein nützliches Tier. Der englische Ökonom Thomas Moon formulierte 1630 den bemerkenswerten Grundsatz, England solle mehr verkaufen als konsumieren "im Wert" – ein Zusatz, der damals revolutionär war und heute so selbstverständlich erscheint, dass er oft nicht einmal übersetzt wird. Diese neue Denkweise formte nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch den modernen Staat mit seinen interventionistischen Maßnahmen wie Zöllen und Manufakturen.
Die Parallelen zur Gegenwart sind verblüffend: Wenn die Trump-Administration Strafzölle gegen die EU verhängt, wiederholt sie merkantilistische Muster aus dem 17. Jahrhundert. Doch angesichts von Klimakrise und digitaler Revolution stehen wir möglicherweise an der Schwelle zu einem neuen Paradigmenwechsel. Wie bewertet man eine intakte Umwelt oder Care-Arbeit in Geldeinheiten? Die Geschichte des Merkantilismus zeigt, dass Denkmuster, die uns natürlich erscheinen, tatsächlich historisch entstanden sind – und sich weiterentwickeln können. Vielleicht ist es Zeit, die Wertbrille abzusetzen und zu schauen, was wir dann sehen? Hören Sie jetzt diese erhellende Diskussion und entdecken Sie, wie tief merkantilistische Ideen unser heutiges Denken prägen.
Der moderne Kapitalismus ein Naturgesetz der Menschheit? Falsch gedacht. Was heute als selbstverständlich gilt, begann erst vor 400 Jahren mit einer revolutionären Idee Dem Merkantilismus.
Speaker 2:Das ist wirklich faszinierend, wie sich diese Denkweise entwickelt hat, besonders wenn man bedenkt, dass wir heute die gleichen Muster in der internationalen Handelspolitik sehen.
Speaker 1:Hmm, Nehmen wir mal die aktuelle Situation mit der Trump-Administration Die verhängt Strafzölle gegen die EU wegen eines vermeintlichen Handelsdefizits. Obwohl die USA mehr Waren bekommen als sie exportieren, wird das als Problem gesehen?
Speaker 2:Und genau da wird's interessant. Warum sehen wir es als Nachteil, wenn wir mehr bekommen, als wir geben?
Speaker 1:Weil wir, genau wie die Merkantilisten im 17. Jahrhundert, alles durch die Wertbrille betrachten. Um 1620 herum passierte etwas Revolutionäres Die Menschen begannen plötzlich, die Welt in abstrakten Geldwerten zu messen.
Speaker 2:Das muss ein gewaltiger Umbruch im Denken gewesen sein. Wie haben die Menschen denn vorher Handel betrieben?
Speaker 1:Also stell dir vor, vor dieser Zeit hätte niemand gesagt, dieses Pferd ist 100 Geldeinheiten wert. Ein Pferd war einfach ein Pferd, ein nützliches Tier. Der Gedanke, allem einen abstrakten Wert zuzuordnen, existierte so nicht.
Speaker 2:Oh, das erinnert mich an den englischen Ökonomen Thomas Moon. Er schrieb 1630 diesen bemerkenswerten Satz über den Handel Genau.
Speaker 1:Er sagte, england solle jährlich mehr an Fremde verkaufen als von ihnen konsumieren. Im Wert. Und dieser letzte Zusatz im Wert ist entscheidend, wird aber in Übersetzungen oft weggelassen, weil er uns heute so selbstverständlich erscheint.
Speaker 2:Well, das zeigt ja, wie tief diese Denkweise in unserer Sprache verankert ist.
Speaker 1:Und nicht nur das, sie prägt unser gesamtes Staatssystem. Der Merkantilismus war die erste echte Wirtschaftspolitik. Zum ersten Mal griff der Staat aktiv in die Wirtschaft ein, mit Zöllen, agrarreform, staatlichen Manufakturen.
Speaker 2:Das klingt fast wie ein moderner Staat.
Speaker 1:Weil es genau das war. Um 1620 entstand nicht nur das moderne Verständnis von Geld, sondern auch der Staat, wie wir ihn heute kennen. Beide basieren auf dem gleichen abstrakten Wertbegriff.
Speaker 2:Und selbst kritische Denker wie Karl Marx konnten sich von diesem Wertdenken nicht lösen.
Speaker 1:Genau Das ist so bezeichnend Selbst die schärfsten Kritiker des Kapitalismus denken in den gleichen Kategorien. Es ist, als hätten wir eine Brille, auf die wir nicht mehr absetzen können.
Speaker 2:Aber wenn wir verstehen, dass diese Denkweise einen historischen Anfang hatte, bedeutet das nicht auch, dass sie sich weiterentwickeln könnte?
Speaker 1:Eine sehr gute Frage. U Nehmen wir mal aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel. Wie will man den Wert einer intakten Umwelt in Geldeinheiten ausdrücken?
Speaker 2:Oder den Wert von Care-Arbeit, von Gemeinschaft, von allem, was sich nicht so einfach in Zahlen fassen lässt.
Speaker 1:Genau das ist der Punkt. Wir stehen heute vor Problemen, die sich vielleicht gar nicht innerhalb dieser Wertlogik lösen lassen, und trotzdem versuchen wir es ständig.
Speaker 2:So wie Trump, der internationale Beziehungen auf Handelsbilanzen reduziert.
Speaker 1:Ja, das ist wie ein Echo aus dem 17. Jahrhundert, aber vielleicht stehen wir heute vor einem ähnlichen Umbruch wie damals. Die digitale Revolution, die Klimakrise, all das könnte neue Denkweisen erfordern.
Speaker 2:Das wäre dann eine ähnlich fundamentale Veränderung wie der Übergang zum Merkantilismus.
Speaker 1:Und genau das macht diese Geschichte so relevant für heute Sie zeigt uns, große Veränderungen beginnen oft mit neuen Denkweisen. Was uns heute selbstverständlich erscheint, war einmal revolutionär neu.
Speaker 2:Und was nehmen wir daraus mit?
Speaker 1:Dass unser Verständnis von Wert, von Wirtschaft, von Staat. All das ist nicht naturgegeben, sondern historisch gewachsen. Und was gewachsen ist, kann sich auch weiterentwickeln. Vielleicht ist es Zeit, die Wertbrille mal abzusetzen und zu schauen, was wir dann sehen.