„Money. Upgraded.“
Die 22 Podcasts basieren auf den Texten von Eske Bockelmann, einem aussergewöhnlichen Denker, der zeigt, wie Geld unser Denken und unsere Gesellschaft verändert hat. In seinem Buch Im Takt des Geldes (2004) erklärt er, dass mit der Einführung von Geld im 16. Jahrhundert eine neue, abstrakte Denkweise entstand – mit Folgen für Kultur, Musik und Philosophie. Seine beiden Werke Das Geld (2020) und Money – Understanding Modern Society (2025) bieten einen einzigartigen Zugang zum Thema Geld. Die Podcasts machen diese komplexen Gedanken verständlich und laden junge Menschen ein, Geld und Gesellschaft aus einer neuen Perspektive zu sehen und zu hinterfragen.
„Money. Upgraded.“
Zeit: Die verborgene Geschichte unseres Geldsystems
Unser modernes Geldsystem ist das Ergebnis spezifischer historischer Entwicklungen im Europa des 16. Jahrhunderts und keineswegs ein natürlich entstandenes Phänomen. Diese zufällige historische Konstellation hat ein System hervorgebracht, das heute global dominiert, aber nicht ohne Alternativen ist.
• Im Mittelalter machten Münzen nur etwa 10-15% aller wirtschaftlichen Transaktionen aus
• Frühere Gesellschaften wie die Inkas verwalteten komplexe Wirtschaften ohne klassisches Geld
• Das moderne Finanzsystem entstand durch die Kombination von Bankenwesen, amerikanischem Silber und neuen Handelsrouten
• In Kolonien wurde das europäische Geldsystem oft durch Zwangssteuern eingeführt
• Die extremen Vermögensunterschiede heute zeigen die Problematik des bestehenden Systems
• Alternative Währungssysteme wie der Schweizer Wir-Franc existieren seit über 80 Jahren erfolgreich
• Mehr als 80 Zentralbanken entwickeln digitale Währungen, die das System verändern könnten
Unser Geldsystem ist nicht vom Himmel gefallen, sondern das Ergebnis historischer Entscheidungen. Die Geschichte des Geldes ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.
Stellen Sie sich vor, das Geld, das wir täglich benutzen, ist eigentlich ein historischer Zufall, ein System, das sich vor 500 Jahren in einem kleinen Teil Europas entwickelte und dann die ganze Welt eroberte.
Speaker 2:Das ist wirklich faszinierend zu betrachten, wie sich unser Verständnis von Geld über die Jahrhunderte so drastisch verändert hat. Was mich besonders überrascht, ist die Stabilität der früheren Systeme. Was mich besonders überrascht, ist die Stabilität der früheren Systeme.
Speaker 1:Hm. Genau das Die frühen Formen von Geld waren erstaunlich beständig. Wusstest du, dass in vielen mittelalterlichen Gesellschaften Münzen nur etwa 10 bis 15 Prozent aller wirtschaftlichen Transaktionen ausmachten?
Speaker 2:Oh, das ist wirklich überraschend niedrig.
Speaker 1:Wie funktionierte dann der Rest der Wirtschaft? Also, da gab es ein faszinierendes Geflecht aus verschiedenen Systemen Selbstversorgung auf den Höfen, tauschhandel zwischen Gemeinschaften und, was besonders interessant ist, ein ausgeklügeltes System der Umverteilung durch die herrschenden Schichten.
Speaker 2:Das erinnert mich an die Inka-Zivilisation, die ohne klassisches Geld ein Imperium verwaltete. Sie nutzten ein komplexes System von Quipus zur Buchhaltung.
Speaker 1:Genau, und das zeigt uns, dass unser heutiges System keineswegs natürlich entstanden ist. Es brauchte eine sehr spezifische Konstellation im Europa des 16. Jahrhunderts, um diesen Wandel einzuleiten.
Speaker 2:Und was war das für eine Konstellation? Das muss ja ziemlich einschneidend gewesen sein.
Speaker 1:Nun, es war eine Kombination aus mehreren Faktoren Die Entstehung der ersten Bankhäuser in Italien, die Entdeckung der amerikanischen Silberminen, die übrigens den europäischen Silbervorrat innerhalb von 100 Jahren verdreifachten, und die Entwicklung neuer Handelsrouten.
Speaker 2:Das klingt wie ein perfekter Sturm, der dann das moderne Finanzsystem hervorbrachte.
Speaker 1:Ja, und weißt du, was besonders interessant ist? Dieses System wurde dann regelrecht mit Gewalt in die Welt getragen. In vielen Kolonien wurden lokale Steuern eingeführt, die nur in europäischer Währung bezahlt werden konnten.
Speaker 2:Das erklärt auch, warum sich dieses System so schnell global durchsetzen konnte. Die Menschen hatten praktisch keine Wahl.
Speaker 1:Genau, und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt Unser heutiges System ist das erste in der Geschichte, das sich quasi blind vollzieht. Das ist wirklich beunruhigend, wenn man darüber nachdenkt.
Speaker 2:Wie können wir ein System so idealisieren, dass sich unserer Kontrolle so sehr entzieht?
Speaker 1:Das ist die große Ironie Je abhängiger wir von diesem System werden, desto mehr verklären wir es. Wir sprechen von der unsichtbaren Hand des Marktes, als wäre es eine wohlwollende Gottheit.
Speaker 2:Dabei zeigen die Zahlen etwas anderes. Die reichsten 1% der Weltbevölkerung besitzen mehr als die restlichen 99% zusammen.
Speaker 1:Und das ist genau der Punkt das System schafft die Gegensätze, die es vorgibt, auszugleichen, aber es gibt Alternativen. In der Schweiz zum Beispiel existiert seit über 80 Jahren ein erfolgreiches alternatives Währungssystem, der Wir-Franc.
Speaker 2:Das macht Hoffnung. Es zeigt, dass Veränderung möglich ist, auch wenn sie nicht einfach ist.
Speaker 1:Definitiv, Und wenn wir in die Zukunft blicken, sehen wir interessante Entwicklungen. Mehr als 80 Zentralbanken weltweit arbeiten bereits an digitalen Währungen. Aber die grundlegende Frage bleibt werden sie das System wirklich verändern?
Speaker 2:Oder reproduzieren sie nur die alten Machtstrukturen in digitaler Form?
Speaker 1:Eine wichtige Frage für die Zukunft. Damit kommen wir zum Ende unserer heutigen Folge. Was wir gelernt haben Unser Geldsystem ist nicht vom Himmel gefallen, sondern das Ergebnis historischer Entscheidungen Und damit auch veränderbar.
Speaker 2:Und vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis Die Geschichte des Geldes ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.